Roswitha Weingrill

lllabor, 2021

Speisesalz, diverse Fundstücke, gebrauchte Gläser

Das weiche Ocker vergilbter alter Postkarten oder das blau im öffentlichen Raum getrunkener Alcopops leihen ihre Farben den wachsenden Kristallen. Der Spuren alter Veranstaltungsplakate am Portal des Lehártheaters bilden bunte Flecken und die Neonfarbe des Notausgangspfeils tönt die Kristalle grün. Ein gefundenes Sportoutfit lässt sich auskochen, aber gibt kaum Farbe her. Während eines Aufenthaltes in Bad Ischl im Rahmen der auf!auf! Residency im ehemaligen Lehártheater beschäftigte ich mich einen Monat damit, aus verschiedenen Fundstücken Essenzen heraus-zufiltern um sie in gesättigten Salzlösungen kristallisieren zu lassen.

Die oberösterreichische Kleinstadt Bad Ischl ist als ehemalige Sommerresidenz des Kaisers Franz Joseph bekannt und noch heute vermarktet der regionale Tourismus das kaiserliche Image gewinnbringend. In der selben Stadt wurde jedoch auch die Kriegserklärung zum ersten Weltkrieg unterschrieben, ein Umstand der zwar erwähnt wird, dessen weitreichende dramatische Folgen aber kaum thematisiert werden. Ebenso wenig wie die bis heute kaum aufgearbei-tete brutale Enteignung jüdischer Villenbesitzer während des Naziregimes. Die Ischler Idylle weist also durchaus auch Schattenstellen auf, die keinen Platz in der Erzählung von glitzernden kaiserlichen Romanzen zu haben scheinen.Manche der Fundstücke werden deutliche Farbspuren hinterlassen, während andere Stoffe sich nicht sichtbar in den Kristallen niederschlagen oder nicht aufgenommen werden. Dem spielerischen Experiment leidenschaftlich verpflichtet ordnet sich das lll – Kristalllabor an einen kaleidoskopisch schillerndem Ort zwischen Alchemie, Science Fiction, Wissenschaft und Anekdote ein.

 

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