Sonic Soil / Performative Lecture, 2023
Wilder Ton, Sand, Mineralien, Mikrowelle, Schamottofen, Schutzkleidung
Seit mehreren Jahren sucht Roswitha Weingrill auf Spaziergängen Materialien wie Lehm, Sand und Steine und sammelt mineralische Alltagsprodukte wie Perlite für Zimmerpflanzen oder Katzenstreu mit vulkanischem Ursprung. Die Materialproben brennt sie im Mikrowellenbrennofen auf ca. 1000 Grad. Manchmal passiert nicht viel, manchmal schmilzt die Testscherbe und erstarrt mit einer glasartigen Oberfläche. Dann wieder sorgen strukturelle Spannungen im Material dafür, dass die Materialprobe in kleine Teile zerspringt.
„Da muss ich dann daran denken, dass meine unscheinbare Materialpro-be möglicherweise einmal als bis zu 2400 Grad heißes Magma im Inneren der Erde zirkulierte, bis sie als Lava ausgespuckt wurde, am Boden des Urmeeres erstarrte bevor sie durch den Drift der Kontinentalplatten zu gigantischen Gebirgen aufgetürmt wurde, nur um an der Oberfläche der Verwitterung Regen, Sonne, Wind und mehr ausgesetzt zu werden, dann als Geröll unter Gletschereis durch Täler wanderte bis sie kleingeschliffen durch Milliarden Liter Wasser als kleine Sandbank im Bach hinter der Bushaltestelle zu enden.“
In letzter Zeit hat Weingrill angefangen, aus den Materialproben kleine Musikinstrumente zu formen. Einfache Xylophone, Glockenspiele, Triangel und Klangstäbe. Es fasziniert sie, wie unterschiedlich diese klingen, wenn sie mit einem Schlegel anschlagen werden. Manchmal entsteht dabei Musik, machmal Scherben. Egal, dann kommt die Materialprobe wieder in den Brennofen und der Kreislauf fängt von vorne an.
(Text: Veronika Hauer & Roswitha Weingrill)