Im 17. Jahrhundert avancierte die Ananas (Ananas comosus bzw. Ananas sativus) zum Statusobjekt auf europäischen Fürstenhöfen. Geringe Transportfähigkeit und fehlende regionale Anbautechnik ließen die Ananas eine Seltenheit bleiben, was ihren Wert enorm steigerte. Zu repräsentativen gesellschaftlichen Anlässen wurde die Ananas gleich einem Modeaccesoire mitgeführt und präsentiert. Überstiegen die Anschaffungskosten der Frucht die eigenen finanziellen Möglichkeiten, konnte man das Angebot einer Mietananas in Anspruch nehmen. Später wurde die Ananas zu Symbol des übertrieben dekadenten Lebensstil der herrschenden Klassen im ausgehenden 18. Jahrhundert und kritisch in zeitgenössischen Karikaturen verarbeitet.
Der Kurzfilm „Piña de moda“ entstand während eines Aufenthaltes in Mexiko Stadt im Herbst 2016. Darin wird eine Ananas vor verschlossenen Eingangsportalen präsentiert und in Posen vorgeführt, die sich an Darstellungen barocker höfischer Gesellschaftsereignissse orientieren. Das Video wurde an verschiedenen Schauplätzen in Lomas de Chapultetepec gedreht, einem exklusiven Stadtviertel in Mexiko Stadt. Zahlreiche Überwachungskameras und Sicherheitspersonal schützen die Gegend vor aufdringlichen Blicken, was ohnehin schon durch massive Zäune und imposanten Toren erschwert wird. Anflüge von eurozentristischem Exotismus wirken hier mehr denn je deplaziert.
Kamera: Marlene Hausegger
Sounddesign: Fernando Pérez García, Maria Fernanda Otero Ángeles
How to fold a palmtree, 2016
Futterstoff
Verfolgt man Berichterstattungen über Hurricanes der südlichen (tropischen) USA, sieht man häufig Bilder von windverzerrten Palmen, an deren Biegen und Wehen man die Windstärke visuell ablesen können soll. Die häufigste Palmenart Floridas, Dictyosperma album, wird auch hurricane palm genannt. Grund dafür ist ihre Fähigkeit bei starkem Wind ihre Blätter fallen zu lassen, um schwerwiegende Beschädigungen am Stamm zu vermeiden. Dieser Sicherheitsmechanismus der Natur scheint auf den ersten Blick drastisch, schließlich sind es die typische Form der Blätter, an denen man (die gemeine Mitteleuropäer_in ihre) Palme als Wegweißer zum Strandparadies erkennt.
Was aber bleibt zu tun im Morgengrauen der Klimaerwärmung wenn die Natur ihre zerstörerischen Kräfte zeigt? In zahlreichen Ratgebern zum richtigen Verhalten im Fall einer nahenden Naturkatastrophe ist ein stabiler und sicherer Rückszugsort von zentraler Bedeutung. Den Sturm abzuwarten und auszusitzen, wenn die Kräfte der Natur Überhand gewinnen, ist hier die Devise. An eben diesen Rückzugsort möchte ich die hurricane palm mitnehmen, zweckdienlich platzsparend und möglichst faltenfrei zusammengelegt.
„How to fold a palm tree“ entstand im Rahmen der Sponsoring-Partnerschaft zwischen dem steirischen herbst und Gaulhofer Industrie-Holding. Am Ausgangspunkt dieser Arbeit steht die Videoaufzeichnung eines Impact Tests für Gaulhofer Fenster. Der globale Vertrieb der Produkte aus dem Werk in Übelbach bringt immer wieder neue Herausforderungen mit sich, in diesem Fall fordern die zerstörerischen Hurricanes des tropischen Floridas spezifische Standards ein. Der gezeigte Testaufbau simuliert einen Windstärkenbereich, bei dem nun zwar die Fensterscheiben standhalten, wahrscheinlich aber das Haus drumherum zusammenbrechen würde. Hier, an diesem Moment der ins scheinbar Absurde abgleitenden Sicherheitsbedürfnisse, setzt die Arbeit „How to fold a palm tree“ an.
Es gibt den Weg., 2016
Richard Kratochwill - Künstler und Kulturarbeiter
Kulturpolitik erfuhr in den letzten Jahren einen großen Bedeutungsverlust. Das ist auf finanzielle Rückschritte zurückzuführen und auf das auch davon offenbar überforderte Politikpersonal. An Richard Kratochwill, (Foto-)Künstler von österreichischem Rang und Kulturarbeiter in der Stadt Weiz (1953 –1989), wird deutlich, dass ein solider künstlerischer Zugang und eine sozialpolitische Verankerung auch abseits größerer Städte qualitativ hochstehende, neue Kunst etablieren kann.
Eine Ausstellung der Steirischen Kulturinitiative in Kooperation mit Forum Stadtpark gestaltet von Roswitha Weingrill. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.